Er setzt sich gerne in Szene, soviel steht fest. Bereits vor Prozessbeginn in einem langen Interview mit dem russischen Propagandasender RT Deutsch hatte Franco Albrecht die Möglichkeit sich als Opfer vieler Zufälle und Sachzwänge darzustellen. Und auch im Prozess, der nun fast 4 Jahre nach seiner Verhaftung endlich startet, sieht es so aus, als ob er diese unglaubliche Verharmlosung weiter durchziehen will.
Beim Urinieren im Gebüsch
Franco Albrecht ist Oberleutnant bei der Bundeswehr und hat Waffen und Munition beiseite geschafft – mutmaßlich um damit Anschläge auf Politiker*innen, Antifaschist*innen und andere Personen des öffentlichen Lebens zu verüben. Erwischt wurde er, als er versuchte eine Pistole am Wiener Flughafen zu verstecken. Er wollte sie wohl später nach Deutschland schmuggeln. Seine Erklärung dafür: Er habe die Waffe volltrunken nach einem Offiziersball beim Urinieren im Gebüsch gefunden und wollte sie gerade den Sicherheitsbehörden übergeben. Neben der Vorbereitung einer „schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ und mehreren Waffendelikten wird ihm noch das Erschleichen staatlicher Leistungen vorgeworfen. Denn Albrecht hat sich während des Sommers der Migration 2015 eine Scheinidentität als syrischer Geflüchteter David Benjamin zugelegt. Mit der Schminke seiner Mutter bemalt hatte er es tatsächlich auch geschafft als Geflüchteter registriert zu werden und subsidiären Schutz sowie Asylleistungen zu erhalten. Angeblich nur aus reinem Interesse und weil er das deutsche Asylsystem habe vorführen wollen. Den Gedanken Anschläge unter der Identität als syrischer Geflüchteter zu verüben, habe er ganz sicher nicht gehabt.
Der Prozess am Oberlandesgericht Frankfurt am Main beginnt nach einigen Formalitäten und der Verlesung der Anklageschrift mit einem Opening Statement der Verteidigung. Im Klartext heißt das eine Stunde rechte Propaganda und Beweihräucherung des Angeklagten. In der ersten Hälfte wird versucht die Sache mit der Scheinidentität des Angeklagten zu rechtfertigen. Mit an die antisemitische und rassistische Verschwörungstheorie vom „Großen Austausch“ erinnernden Argumenten wird erklärt, dass Albrecht nur Mängel im Asylsystem habe aufdecken wollen. Staatsgefährdend sei nicht ihr Mandant, sondern einzig und allein nur die Entscheidung der Regierung die Geflüchteten ins Land zu lassen.
Der freundliche und neugierige Franco
Es folgt dann eine Auflistung von zahllosen Zeugenaussagen, die Freund*innen, Verwandte, Grundschullehrer*innen — der Mann ist immerhin 32 Jahre alt! — oder Kolleg*innen während der polizeilichen Ermittlungen zu dem Fall zu Protokoll gegeben hatten. Diese sind natürlich ausnahmslos positiv und scheinen dem Angeklagten eine blütenweiße Weste und nur die besten Absichten zu bescheinigen. Was für ein netter Mensch der Franco doch ist, mit großen Gerechtigkeitssinn, intelligent und voller Neugier. Sie hätten das gar nicht glauben können, als sie das in den Medien gelesen hätten und seien dann ganz erschrocken gewesen. Zusätzlich werden die Zeug*innen auch nicht müde zu betonen, wie freundlich und nett er auch immer zu ausländischen Schulkamerad*innen und Kolleg*innen gewesen sei, weltoffen sowieso, zwar patriotisch aber immer weltoffen und interessiert für andere Kulturen. Eine rechte oder sogar rechtsradikale Gesinnung? Hätten sie nie bemerkt. Bei sämtlichen Aussagen wird allerdings vergessen zu erwähnen, dass viele Menschen in seinem Umfeld seine rassistische und antisemitische Einstellung sehr wahrscheinlich teilen, ihre Aussagen dementsprechend nur bedingt aussagekräftig sind. Denn die Liste von Albrechts rassistischen Äußerungen ist lang: Neben Chatnachrichten, die im Zuge der Ermittlungen aufgetaucht sind, beinhaltete auch seine Masterarbeit bei der einer deutsch-französischen Brigade gefährliches rassistisches und völkisch-nationalistische Gedankgut. Konsequenzen gab es für ihn damals jedoch keine, er musste nur die Arbeit neu anfertigen.
Albrechts Räuberpistole
Den zweiten, kürzeren Teil dieses bizarren Schauspiels lieferte der Vorsitzende Richter Koller mit der Verlesung eines Mailverkehrs, den Albrecht mit einem Rechtsberater der Bundeswehr geführt hatte, um seine Situation nach zu schildern, nachdem er in Wien in die Falle der Polizei getappt war beim Versuch, die Waffe wieder aus dem Versteck zu holen — natürlich nur, um sie ja eben gerade der Polizei zu übergeben, damit sie nicht in falsche Hände gerät… Diese Version des Vorfalls ist derart absurd, dass nur zu hoffen bleibt, das Gericht möge sich auf derartige Sperenzien nicht einlassen.
Nach kaum zwei Stunden ist der erste Prozesstag schon vorbei. Vor dem Frankfurter Gerichtsgebäude ergreift Franco Albrecht einmal mehr die Gelegenheit, in die ihm entgegengereckten Mikros zu sprechen, die Ungerechtigkeit zu beklagen, die ihm hier widerfährt, und den unschuldigen Lausbuben zu mimen. Laut dem Vorsitzenden Richter wird der Prozess jedoch noch eine ganze Weile dauern. Mindestens jedoch 10 Hauptverhandlungstage, sonst hätte es kein „Opening Statement“ der beiden Verteidiger geben können.
Quelle: Antifra.blog.rosalux.de