Es ist der fĂŒnfte Der Tag gegen Homophobie, kurz IDAHIT, in Wurzen. Aufgerufen haben die Vereine Rosa Linde in Leipzig und das Netzwerk fĂŒr Demokratische Kultur in Wurzen. Es gab auch eine Gegenveranstaltung.
Auf dem Markplatz in Wurzen, haben sich knapp 200 Menschen um StÀnde versammelt. Sie lauschen Musik und RedebeitrÀgen. Am Rande der Szenerie fragen wir ein paar Passantinnen, was sie von der Veranstaltung halten.
âJeder soll so leben wie er willâ meint Jenny. âWenn sich zwei MĂ€nner oder zwei Frauen in der Ăffentlichkeit kĂŒssen, finde ich das noch immer befremdlich. Wenn meine kleine irgendwann mit einer Freundin, statt einem Mann nachhause kommt, dann freue mich fĂŒr sie.â Ein Ă€lteres Paar, auf dem Weg in den Eisladen, schĂŒttelt den Kopf. âWie kann es sein, dass 2022 noch Vorbehalte gegen individuelle Lebensweisen bestehen?â meint die Frau. Es sei schade, dass so wenig Ă€ltere Menschen hier seien. âDie Jugend hĂ€tte deren UnterstĂŒtzung verdientâ pflichtet ihr Mann ihr bei.
âIn diesem Jahr ist der IDAHIT eine Kooperation aus drei verschieden Projekten in der Rosa Linde. Heute liegt der Schwerpunkt auf queeren GeflĂŒchtetenâ, so Vera von der Rosa Linde. Sie hat den IDAHIT organsiert und angemeldet. Damit soll auf die âQueere Lebenssituation fĂŒr queere GeflĂŒchteteâ im Landkreis und speziell in der Stadt Wurzen hingewiesen werden.
Die Situation sei, dass alle queeren Menschen in Wurzen âimmer mit Diskriminierung, Anfeindung und Ausgrenzung rechnen mĂŒssenâ. Bei diesem 5. IDAHIT wĂŒrden Menschen, die in den letzten Jahren RedebeitrĂ€ge gehalten haben, dieses Jahr keine RedebeitrĂ€ge mehr halten â weil sie so viele Anfeindungen im Nachgang erlebt haben. Das betrĂ€fe nicht nur BPOC Personen, sondern alle im Landkreis. Es gĂ€be fĂŒr die Menschen keine Angebote, gleichwohl viele rechte Gruppierungen âdie den Menschen das Leben schwer machenâ.
Tine arbeitet zusammen mit zwei KollegInnen im âQueer Refugees resilience Projectâ. Das Netzwerk bietet traumasensible Stabilisierungsgruppenangebote fĂŒr queere GeflĂŒchtete. Sie betreut den Infostand an dem auch die Kampange âBring back our Neighbours â Kampagne gegen sĂ€chsische Abschiebepolitikâ zum Thema Abschiebung informiert. âWer ist von Abschiebung bedroht? Welche Konsequenzen kann das haben? Was sind konkrete Handlungsoptionen sich solidarisch zu zeigenâ fĂŒhrt sie aus. Ebenso bewirbt sie eine Petition zur Umsetzung der Vorgriffsregelung im Land Sachsen.
Queer Refuges Network
Das Projekt bietet LSBTIQ* GeflĂŒchteten in Leipzig Verfahrensbegleitung, Einzelberatung, psychosoziale UnterstĂŒtzung oder Hilfe bei der Suche nach sicheren UnterkĂŒnften an.Que(e)r durch Sachsen: Mobile Beratung im lĂ€ndlichen Raum
Das Projekt bietet LSBTIQ* GeflĂŒchteten mobil, psychosoziale Beratung im lĂ€ndlichen Raum sowie den Landkreisen Leipzig, Mittelsachsen und Nordachsen an.âQueer Refugees Resilience Projectâ
Das Projekt bietet LSBTIQ* GeflĂŒchteten aus Leipzig und Umgebung, die auf Grund von traumatischen Erfahrungen von einer Traumafolgesymptomatik bedroht oder betroffen sind UnterstĂŒtzung an. Ziel ist es, die ganzheitliche und nachhaltige (Wieder-)Herstellung innerer und Ă€uĂerer Sicherheit zu Gewinnen.



âWir gehören zu dieser Gesellschaftâ
Lilith Raza ist eine Aktivistin fĂŒr LSBTIQ*-Rechte und ist seit 2015 in unterschiedlichen Funktionen tĂ€tig. Sie arbeitet beim LSVD e.V. im Projekt âQueer Refugees Deutschlandâ und kam fĂŒr folgende Rede aus Köln nach Wurzen.
âZukunft Deutschlandâ
Knapp 350 Meter vom Marktplatz entfernt, liegt der Jacobsplatz. Dort haben sich knapp 10 Personen einer Kundgebung angeschlossen. Ein Aktivist, der seinen Namen nicht in der Presse lesen möchte, erklĂ€rt auf Nachfrage: »Wir sind heute hier um gegen die Gesellschaft und gegen das System auf die StraĂe zu gehen â gegen dieses kapitalistische und zionistische System. Durch die andere Kundgebung werden deutsche Familien und das Deutsche Volk geschĂ€digt. Wir mĂŒssen das Deutsche Volk, das ist das wichtigste was wir in Deutschland haben, das mĂŒssen wir schĂŒtzen.« Die Gruppe »Zukunft Deutschland« habe die Gegenveranstaltung angemeldet. âMit der JNâ, der Jugendorganisation der NPD, âhabe das nichts zu tunâ.
Schon Lagebedingt befinden sich am Jacobsplatz weniger Passantinnen. Ein Ă€lterer Mann hĂ€lt kurz an und zu. Als wir ihn fragen, was er von der Veranstaltung halte, meint er. âIch bin kein Linkenfreund.â Der Grund lĂ€ge in seiner DDR Vergangenheit aber auch der fehlenden Jugendarbeit heute. âWenn es Jugendprojekte gibt, dann erhalten bestimmte Gesinnungen da keinen Zutritt. Das geht doch nicht.â Nachdem er von seinem erfolgreichen Arbeitskampf mit dem DGB erzĂ€hlte, erzĂ€hlten wir ihm von der Kundgebung auf dem Markt. Dazu meint er âJeder soll so leben wie er willâ. /MS
Quelle: La-presse.org