Juni 12, 2021
Von InfoRiot
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Neuer AfD-Fraktionssprecher Neumann

Pressesprecher ohne Presse

09.06.21 | 18:00 Uhr

Vor sechs Wochen wurde der Brandenburger Marvin Neumann zum Co-Bundesvorsitzenden der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative gewählt. Nach Rassismus-Vorwürfen verließ er die AfD – um trotzdem weiter von ihr engagiert zu werden. Von Amelie Ernst

Wenn eine Partei oder eine Fraktion einen neuen Pressesprecher eingestellt hat, dann läuft das normalerweise in etwa so: Kurze E-Mail an die Journalisten, “Guten Tag, ich bin der oder die Neue und bei Anfragen erreichen Sie mich wie folgt…”

Bei der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag läuft es anders: Da gab es weder eine Mail noch sonst eine Information. Dass Marvin Neumann der neue Pressesprecher ist, das erfährt die Presse am Dienstag eher zufällig, auf Nachfrage. Dabei ist Neumann schon seit mehreren Monaten bei der AfD angestellt – in Erscheinung getreten ist er bisher allerdings nicht.

Aufgefallen durch rassistische und homophobe Äußerungen

Wohl nicht ohne Grund, vermutet SPD-Innenpolitikerin Inka Gossmann-Reetz. Neumann sei durch rassistische und homophobe Äußerungen aufgefallen, habe daher die AfD Anfang Mai verlassen müssen. Doch was der AfD im Bund “zu schmutzig” sei, das sei der AfD in Brandenburg gerade Recht, so Gossmann-Reetz.

Auch Linken-Fraktionschef Sebastian Walter bezeichnet die AfD-Fraktion als “rechtes Sammelbecken”: Mit der Einstellung von Neumann zeige die Fraktion, wie “tief sie schon im braunen Sumpf” stecke, so Walter. Man beschäftige einen Pressesprecher, der sich klar zur Rassentheorie des Nationalsozialismus bekenne. “Diese Ideen waren längst überwunden – nun werden sie im Landtag durch Steuergelder finanziert.”

Rassentheorie kein Grund zur Kündigung?

Offenbar um die Debatte um Neumann und seine – auch in Teilen der AfD umstrittenen – Äußerungen nicht wieder aufflammen zu lassen, beließ es die AfD-Fraktion wochenlang dabei, dass der Pressesprecher nach außen nicht existent ist – obwohl er längst in Diensten der AfD stand. Er selbst und Fraktionschef Hans-Christoph Berndt wollen sich dazu nicht weiter äußern – sie bestätigen nur, dass das Arbeitsverhältnis schon bestand, bevor im April die Tweets auftauchten, die für Unruhe sorgten und die zu Neumanns Austritt aus der AfD führten.

Unter anderem schrieb Neumann damals, dass Schwarzafrikaner und deren Nachkommen keine Deutschen werden könnten. Außerdem gebe es “keine schwarzen Deutschen und Europäer”. Aus Sicht der AfD-Fraktion kein Grund, ihm zu kündigen – die Fraktionsspitze verteidigt den 27-Jährigen weiter gegen Kritik.

Brandenburger Junge Alternative längst rechtsextremistischer Verdachtsfall

In der Brandenburger Jungen Alternative (JA), die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet wird, ist Marvin Neumann weiter aktiv. Doch es geht nicht nur um Neumann – immer wieder ließen in der Vergangenheit Personalien in der Brandenburger AfD-Fraktion aufhorchen: Unter anderem beschäftigte sie Jean-Pascal Hohm, den ehemaligen Landesvorsitzenden der JA, Unterstützer der “Identitären Bewegung” und Redner bei der fremdenfeindlichen Gruppierung “Zukunft Heimat”.

Inzwischen ist Hohm Kreisvorsitzender der AfD Cottbus. Fraktionsmitarbeiter Tim Ballschuh war laut Verfassungsschutz Mitglied in rechtsextremen Burschenschaften und pflegt(e) Kontakte zur NPD. “Rechtsextremisten und Nationalsozialisten müssen sich in diesem Land keine Sorgen mehr machen, dass sie arbeitslos werden. Bei der Brandenburger AfD sind sie herzlich willkommen”, so Linken-Politiker Sebastian Walter.

AfD-Fraktion hält an Sprecher fest

Auch für CDU-Fraktionschef Jan Redmann ist die Personalie Neumann nur eine von vielen, die belegen, auf welchem Kurs sich die AfD speziell in den ostdeutschen Bundesländern befindet. Es gebe inzwischen zwei AfDs in Deutschland, so Redmann. “Es gibt die Meuthen-AfD, die sich erfolglos um eine gewisse Abgrenzung zu Rassisten und Rechtsextremen bemüht und Leute wie Neumann rausdrängt. Und es gibt die ostdeutschen AfD-Landesverbände, die dann solche Leute wieder in zentrale Positionen bringen – wie hier als Sprecher der Landtagsfraktion.”

Daran, dass die AfD-Fraktion an ihrem neuen Sprecher festhalten wird, bestehen derzeit keine Zweifel. Wohl aber daran, dass dieser auch als solcher in Erscheinung treten wird.

Die Kommentarfunktion wurde am 10.06.2021 um 17:09 Uhr geschlossen

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Beitrag von Amelie Ernst




Quelle: Inforiot.de