Der AfD blieb nichts anderes ĂŒbrig, als sich einmal mehr den Opferhut ĂŒberzuziehen und die antifaschistischen Proteste medial anzugreifen. Ăber tausend Mal wurde deren Facebookbeitrag geteilt, die Berufspolitikerkaste der Partei gab sich in den Kommentarspalten die Klinke in die Hand. Es liegt uns fern, die exakten AblĂ€ufe der mutmaĂlich stattgefundenen Auseinandersetzung aufzugreifen. Fest steht mittlerweile, dass Schwarz die stationĂ€re Behandlung verlassen hat und laut seinem Facebookbeitrag ĂŒber âAlbtrĂ€umeâ klagt.
Es dauerte nicht lange, bis sich das liberal-politische Spektrum von dieser Aktion öffentlichkeitswirksam distanzierte. Die eigene Erfahrung mit rechten Drohungen im Internet ignorierend, wĂŒnschte OB Klopfer (SPD) Schwarz gute Besserung und betonte das Recht der AfD auf Meinungsfreiheit; lies: Die politische Vorbereitung von rassistischen oder antisemitischen Attentaten Ă la Hanau und Halle. Das ungestörte Hetzen gegen die erkĂ€mpften Rechte der Frauenbewegung. Der schamlosen Inszenierung als âAlternativeâ zum herrschenden System, dem sie nichts entgegenzusetzen haben als nach unten zu treten, wĂŒnscht der âSozialdemokratâ schnelle RĂŒckkehr.
Schnell mit dem Urteil zur Hand sind auch diejenigen, die âGewaltâ in politischen Auseinandersetzungen verurteilen und dabei vorgeben, den âdemokratischen Diskursâ zu schĂŒtzen. Jenen Menschen entgegnen wir: Am laufenden Band hören wir seit Jahren von der Bildung terroristischen Gruppen und Netzwerke in Polizei, Bundeswehr sowie der Naziszene. Ăber 1200 Faschisten (Steigerung von 35% zum Vorjahr) besitzen legal Waffen. Mindestens drei haben sie in jĂŒngerer Vergangenheit eingesetzt: Stephan Ernst bei der Ermordung LĂŒbckes, Stephan Balliet in Halle und Tobias Rathjen in Hanau. Wie viele sollen noch sterben, bis ihr euren selbstgerechten Pazifismus fallen lasst?
Diese moralischen Parolen spiegeln weder die RealitĂ€t in diesem Land wider, noch sind sie geeignet neue Attentate oder organisierte Offensiven zu verhindern. Diejenigen, die sich ĂŒber antifaschistische Gewalt die Kehlen heiser schreien, blicken bestenfalls schamerfĂŒllt zu Boden, wenn Sinti-Kinder auf der Wache misshandelt oder PoCs wie im Falle Oury Jallohs, Ahmed A. und vielen anderen kaltblĂŒtig in der Zelle ermordet werden. Der Zusammenhang zwischen der zunehmenden verbalen AggressivitĂ€t der AfD und rechter Gewalt wurde bereits wĂ€hrend der Brandanschlagswelle auf GeflĂŒchtetenunterkĂŒnfte vor einigen Jahren bewiesen. Pazifistische Predigten und âbesorgte Stellungnahmenâ schĂŒtzen keine MigrantInnen vor rassistischen Attacken, zwingen keine faschistische Gruppe zur Auflösung, dĂ€mmen die mediale Reichweite der AfD nicht ein.
Das Gegenteil ist der Fall. Hilflos und unreflektiert werden AfD-Pressemitteilungen weiter gestreut, beinahe per Copy-Paste in die Zeitungsspalten ĂŒberfĂŒhrt. Die PluralitĂ€t der Berichterstattung tritt hinter die unterschiedliche Farbgebung von ZVW und Spiegel zurĂŒck. Das Geschehene wird isoliert betrachtet und dargestellt, ohne Bezug zu anderen Meldungen wie des faschistischen Ăbergriffs auf MigrantInnen in Stetten oder BombenanschlĂ€ge auf die Linken-Politikerin Juliane Nagel. Einen passenden Namen fĂŒr diese Spielart bĂŒrgerlichen Journalismus haben wir noch nicht gefunden, doch festzuhalten ist deren untaugliche, ja behindernde Rolle im antifaschistischen Kampf. Wir haben nicht den Eindruck, dass die AfD irgendwelche Schwierigkeiten hĂ€tte ihre sogenannte âMeinungâ zu verbreiten â prĂ€zisere Beschreibung: relativ offene Aufrufe zu Gewaltaktionen gegen MigrantInnen, Linke und Liberale â ob im Bundestag, auf sozialen Netzwerken oder in diversen Talkshows.
Ist das der zu schĂŒtzende, demokratische Diskurs? Wir denken, die antifaschistische Bewegung in ihrer GĂ€nze muss diese Frage mit Nein beantworten, wenn sie erfolgreich sein will.
Klar ist auch: Die rechtsoffenen Beamten in den Stuben des Staatsschutzâ und der Staatsanwaltschaft reiben sich schon die HĂ€nde, weil sie die lokale antifaschistische Bewegung mit ihren Vorladungen, Anzeigen und Anklageschriften ĂŒberziehen wollen. Grundbedingung fĂŒr die Abwehr aller Angriffe von Rechts und von Oben ist aber eine eigenstĂ€ndige antifaschistische Bewegung, die sowohl in öffentlichen Darstellungen, auf der StraĂe und vor der Repression ein Prinzip nicht fallen lĂ€sst: Die SolidaritĂ€t im entschlossenen Kampf gegen Faschismus und Rassismus.
AP, Februar 2021
Quelle: De.indymedia.org