Ăbersetzung eines Berichts von AP News
Eine wachsende Welle von Jugendunruhen, die eine Quelle wirtschaftlicher Frustration anzapfen, ĂŒberschwemmt Tunesien und beunruhigt seine FĂŒhrung bis ganz nach oben. Immerhin ist es das Land, das 2011 die Revolutionen des Arabischen FrĂŒhlings ausgelöst hat.
Ein Drittel der jungen Menschen in der nordafrikanischen Nation sind arbeitslos â und viele sind wĂŒtend ĂŒber ihr stagnierendes Schicksal. Inzwischen fast eine Woche in Folge sind sie in gewalttĂ€tigen Demonstrationen in dem 11,7 Millionen Einwohner:innen zĂ€hlenden Land auf die StraĂe gegangen â von der Hauptstadt Tunis bis hin zu den StĂ€dten Kasserine, Gafsa, Sousse und Monastir.
Die Proteste haben zu einer starken Antwort der Behörden gefĂŒhrt, die eine Wiederholung der Proteste befĂŒrchten, die zum Sturz des starken PrĂ€sidenten Zine al-Abidine Ben Ali vor 10 Jahren fĂŒhrten. Die Armee wurde an vier Brennpunkten eingesetzt. Hier ist ein Blick auf das, was vor sich geht:
DIE PROTESTBEWEGUNG IN TUNESIEN WĂCHST
Seit vergangenen Freitag sind die Protestgruppen, die von Tag zu Tag gröĂer werden, jede Nacht in voller StĂ€rke unterwegs. Sie veranstalten zeitgleiche, oft gewalttĂ€tige Demonstrationen in StĂ€dten rund um Tunesien.
Die Gruppen haben stĂ€dtische GebĂ€ude mit Steinen beworfen, Molotowcocktails geworfen, geplĂŒndert, Vandalismus betrieben und sind mit der Polizei zusammengestoĂen. Die Unruhen konzentrieren sich auf arme, dicht besiedelte Stadtteile, in denen das Vertrauen in die OrdnungskrĂ€fte ohnehin nicht vorhanden ist.
Die Armee wurde von der Regierung am Sonntagabend hinzugezogen, um die Spannungen zu beruhigen und die Institutionen des Landes zu schĂŒtzen. Die Polizei sagte, dass viele Hunderte von Demonstrierenden verhaftet worden sind.
GEGEN WAS PROTESTIEREN SIE?
Die genauen Ursachen sind unklar, aber die dĂŒsteren wirtschaftlichen Aussichten des stagnierenden nordafrikanischen Landes sind der Kern der Unzufriedenheit.
Die Demonstrierenden tragen Plakate wie âArbeit ist ein Recht, kein Gefallenâ und sind wĂŒtend ĂŒber die gebrochenen Versprechen des demokratisch gewĂ€hlten PrĂ€sidenten KaĂŻs Saied und seiner Regierung, die nicht in der Lage war, die Wirtschaft am Rande des Bankrotts zu sanieren.
Zehn Jahre nach der geschichtstrĂ€chtigen Revolution, deren Motto âArbeit, Freiheit und WĂŒrdeâ war, haben die Tunesier:innen das GefĂŒhl, dass sie alles andere als das haben. Ein Drittel der tunesischen Jugend ist arbeitslos und ein FĂŒnftel des Landes lebt unter der Armutsgrenze, so das Nationale Institut fĂŒr Statistik.
Die jungen Leute erinnern sich nicht an die UnterdrĂŒckung unter Ben Ali und wollen Arbeitsmöglichkeiten. Sie kommunizieren diese gemeinsame Frustration ĂŒber soziale Medien, wie im benachbarten Algerien, wo eine von der Jugend angefĂŒhrte Protestbewegung ihren langjĂ€hrigen FĂŒhrer 2019 von der Macht verdrĂ€ngt hat.
WARUM HAT DIE PANDEMIE DIE SITUATION VERSCHLIMMERT?
Die unterschiedlichen Lockdown-MaĂnahmen des Landes und eine nĂ€chtliche Ausgangssperre seit Oktober, um die Ausbreitung von COVID-19 einzudĂ€mmen, haben die Spannungen verschĂ€rft.
Die Pandemie hat vor allem Tunesiens wichtigen Tourismussektor geschĂ€digt, der einst von seinen schönen historischen StĂ€dten und weiĂen SandstrĂ€nden angetrieben wurde.
FlĂŒge wurden gestrichen und potentielle Tourist:innen sehen sich mit Abriegelungen zu Hause und einer allgemeinen ZurĂŒckhaltung beim Reisen konfrontiert, wenn ansteckende Virusvarianten durch Nationen und Kontinente rasen.
WIE REAGIEREN DIE BEHĂRDEN?
Amnesty International hat die tunesischen Behörden angefleht, die Spannungen zu beruhigen und die Rechte der vielen Hundert Festgenommenen zu wahren, aber die Behörden haben sich zunehmend auf die Hilfe der Armee verlassen und TrÀnengas gegen Demonstrierende eingesetzt.
Das Innenministerium hat die robuste Reaktion der Polizei damit gerechtfertigt, dass sie notwendig sei, âum die körperliche Unversehrtheit der BĂŒrger:innen sowie öffentliche und private GĂŒter zu schĂŒtzen.â
Andere sind da anderer Meinung. Der PrĂ€sident des tunesischen Forums fĂŒr wirtschaftliche und soziale Rechte, Abderrahman Lahdhili, sagte, dass dieser Ansatz ânicht der angemessenste istâ und die Behörden stattdessen die zugrundeliegenden âtiefen GrĂŒndeâ untersuchen sollten. Jedes Jahr, so Lahdhili, brechen 100.000 SchĂŒler:innen die Schule ab und 12.000 von ihnen wenden sich der illegalen Migration zu, indem sie auf ĂŒberfĂŒllten Schmugglerbooten einen riskanten Versuch unternehmen, Europa zu erreichen. Andere, so sagte er, fallen der Rekrutierung durch extremistische Organisationen zum Opfer.
STECKEN ISLAMISTISCHE KRĂFTE HINTER DEN PROTESTEN?
Saied, der konservative PrĂ€sident, versuchte, direkt mit den Demonstrierenden zu sprechen, indem er ihnen am Montagabend einen unerwarteten Besuch im beliebten Stadtteil Mânihla in der NĂ€he von Tunis abstattete.
Er warnte die Demonstrierenden vor extremistischen islamistischen KrĂ€ften, die âim Verborgenen agierenâ und angeblich versuchen, Chaos zu stiften und die demokratisch gewĂ€hlte Regierung zu destabilisieren.
Es ist unklar, ob dies nur ein Weg ist, die Schuld fĂŒr die Unruhen von seiner Regierung wegzuschieben, oder ob wirklich islamistische KrĂ€fte hinter der Bewegung stehen. Saied selbst ist ein AuĂenseiter, der mit UnterstĂŒtzung von gemĂ€Ăigten Islamisten gewonnen hat.
Der FĂŒhrer von Tunesiens einflussreicher islamistisch inspirierter Ennahda-Partei, Rached Ghannouchi, hat die jĂŒngsten âAkte von PlĂŒnderung und Vandalismusâ verurteilt.
Quelle: Schwarzerpfeil.de